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#InternationalesÜbersetzertag: Bibliographie gegen Tagore von Antón Reixa

Bild aus Ringo-Rango von Antón Reixa (http://www.hamacaonline.net/obra.php?id=709)

Bibliographie gegen Tagore

Von Antón Reixa
Übersetzung von Burghard Baltrusch und                                                                                                                                       Silvia Montero Küpper

romanische traurigKeit kauen archaisches lächeln etrurien gegen prêt-à-porter-wucher enteignete melancholie (die gewerkschaften) und venus von villendorf mit all der brecht-courage und catull mit aufgeklärtem spott wilhelm von aquitanien over pedrayo-jungherren farai un vers de dreit nien und da meint catull zu ihr lesben ihr könnt mir mal einen buckeln und ein pondalianischer vergil besteht auf einem stetit illa tremens das sich zitternd eingräbt und sie sind hochgewachsene kokospalmen wohlklingendes verb in dialektalem inuit

die kinder lachen aber was tun die eltern?

und wir mit lauthalsem lachen für ein unabhängiges grönland und sie behaupten zu lachen um einen reinzuwürgen eppetisse hörte sagen nas reibt nas und da sagt ein eskimo zum andern I don’t like Ike selbstjustiz iglus und maisspeicher und trabantenstädte I gonna take my problem to the united nations traurigKeit ist das hyperbaton des spotts im allgemeinen but there is no cure for the summertime blues und außerdem diese ewige herumkommandiererei christmas im august die wellen wenn sie kommen (alka seltzer effekt): den alten ozean grüßen martin lautréamont und codax: der feuerkrake schlag! und/ oder die leukotomie wenn ich im engels-style von dir besessen bin das privateigentum sappho luxemburg leda m’and’eu as manhanas frías wenn ich zur arbeit geh: diesel-freude/ hochmütige punks sprechen auf englisch über portugal/ ein italienisches lied in dem ständig per che vorkommt/ reine nervensache/ kariesprobleme — der anrufbeantworter von wilhelm von aquitanien: pero dirai vos de con, cals es sa leis — und mit epischem spott sagt ein amateurfunker zum andern: hanse cajar na cona que os botou* (interferenzen)
*adversativ-interrogativ, volkstümlich-derb, annähernd sinngemäß: „die werden sich verdammt wundern und ihre Mutter verfluchen“

Hier ist Originalfassung

Interpretation von Burghard Baltrusch

Dieses einleitende Gedicht eröffnet intertextuelle Bezüge zu zahlreichen Themen und Motiven, die in dem gesamten Band Ringo Rango (In Schnörkeln, 1992) behandelt werden. Eine normalerweise am Ende erscheinende Bibliographie wird hier zu einer Ansammlung von Leitsprüchen, Zitaten und deren Kommentaren.

Der Titel dieser poetischen maximae et principales propositiones (Boethius) richtet sich gegen Tagore. Der indische Schriftsteller Rabindranath Tagore (auch: Thakur, 1861-1941), forderte in der Zeit des Neohinduismus die Abschaffung der Kasten und hoffte trotz der einzelnen nationalen Bewegungen (z.B. Bengalens), die nach Selbstregierungen strebten, auf den Erhalt der nationalen Einheit Indiens. In seinem in Europa bekanntestem Gedichtband Gitanjali (Das Sangesopfer, 1910), für den er 1913 den Nobelpreis erhielt, dient der Mythos des Gottes Vischnu, welcher im Spiel aus sich heraus Welt und Seelen erschafft, um sie wieder zu sich zurückzunehmen, als Leitmotiv. Dem ebenso spielerischen Kreationsprozeß, wie ihn Reixa poetologisiert, ist jedoch die Mystik fremd, er ist eher bodenständig, materialistisch. Tagores Werke erfuhren in Europa eine große, wenn auch oft klischeehafte, Rezeption. In Spanien wurde er v.a. von der Generación del 27 übersetzt (Juan Ramón Jiménez) und verbreitet (García Lorca). Eine erste Übersetzung ins Galicische erschien 1976 (O carteiro do rei. Malini, übers. v. X. Cuns Lousa). Tagores Ideen bezüglich einer Integration von Okzident und Orient, seine kritische Haltung gegenüber dem indischen Nationalismus, die zeitweilige Verteidigung der englischen Verwaltung als Schutzmacht und der religiöse Charakter seines Kunstschaffens sind aus Reixas Sicht nur schwer mit den Anliegen der minorisierten Kultur Galiciens vereinbar, die sich ja eine gewisse Unabhängigkeit bewahren soll. In diesem Sinne, ist der Bezug auf Tagore als Ablehnung aller ideologisch-politischen und ästhetischen Zentralisierungs- und Hegemonialbestrebungen zu sehen.

Die formale Ästhetik des Textes stellt sich als ein durch eine Frage unterbrochener Rede- Gedankenfluß dar. Im Stakkatorhythmus der Schlagzeilentechnik geschrieben, erscheint dieser stream of consciousness zwar lyrisch rhythmisiert, aber als fließender Text in Kleinschreibung und nahezu ohne Zeichensetzung. Unterbrochen wird er von einer (rhetorischen) Frage nach der Verantwortung für den Rückgang der galicischen Sprache und Kultur im 20. Jahrhundert. Verschiedene diatopische und diastratische Sprachformen (Literatursprache, Vulgärsprache, Migrantensprache, etc., aber auch „castrapo“) verleihen dem Text eine sowohl kulturpolitische als auch ethische Dimension und rhytmisieren ihn. Unter den rhetorischen Elementen finden sich Sprüche, Zitate, Flüche und Selbstbezüge. In dramatischer Erzähltechnik wird regelmäßig auf Figuren der Literaturgeschichte verwiesen, die in rhythmischen Einheiten indirekt dialogisieren.

Eine Besonderheit des rhythmischen Gefüges ist die Imitation von Oralität. Zitatsequenzen und verschiedene diatopische und diastratische Ebenen werden vermengt, um die politisch-kulturellen wie auch ethische Intention des Textes zu unterstreichen. Auch finden sich Anklänge an den für den Sänger Reixa typischen Sprechgesang und an die rap-artigen Stakkatorezitationen des Videos, bei denen er meist enjambements vermeidet. Auch für die Texte, von denen keine Videoversion existiert, ist dieses Stilelement maßgebend. Die Zitat-, Namens- und Titelhäufungen belegen den für Reixa charakteristischen Eklektizismus mit dem er das Chaos einer modernen Welt darstellen will (cf. El País, 3.2.1995).
Die literarischen Referenzen sind zugleich Elemente einer signifikaten Ästhetik: Einerseits dienen sie zur Zeichnung außergewöhnlicher Stimmungsbilder wie “romanische traurigKeit”, “brechtscher mut” oder “aufgeklärter wilhelm-von-aquitanien-spott”. Andererseits werden ihre jeweiligen kulturhistorischen Kontexte in die Zeitlosigkeit eines großen geschichtlichen Panoramagemäldes transponiert, in dem sie, einzeln betrachtet, Teilbedeutungen erlangen.

Das Gedicht beginnt mit dem Bild der „romanischen traurigKeit“, die nicht nur auf ein galicisch-portugiesisches Lebensgefühl (cf. morriña, saudade) anspielt, sondern auch die unterschiedliche Aussprache von „tristeza“ (Traurigkeit) auf galicisch oder portugiesisch, die in der Übersetzung so nicht wiedergegeben werden kann: Das im Original großgeschriebene S in „tristeSa“ verweist auf die im Galicischen dialektal unterschiedlichen Aussprachen (Standard: /θ/, wie im Spanischen; an der Atlantikküste: /s/, der sog. ‚seseo‘, obwohl nicht identisch, doch aber dem Portugiesischen ähnlicher). Die kulturelle Zerissenheit eines Galiciens zwischen kultureller Nähe zu Portugal und spanischem Einfluss klingt hier kurz aber prägnant an. Der historische Blick fällt sodann auf Etrurien, das alte Kernland der Etrusker, von denen angenommen wird, dass sie einen entscheidenden Beitrag zu Roms Wandlung von einem unbedeutenden Ort zu einer großen Stadt geleistet haben. Somit wäre Etrurien, im weitesten Sinne, auch Wurzel aller romanischen Kulturen, einschließlich der galicischen. Dieser Ursprungsgedanke wird dem „Wucher“ als Beweggrund einer oberflächlichen, ökonomisierten Gegenwartskultur gegenübergestellt, möglicherweise auch in Bezug auf Ezra Pounds Canto XLV, wo der „usury“ als Wurzel aller Korrumpierung der Moderne erscheint. Die Trauer angesichts dieser historischen Bedingungen wird in der Folge durch eine politisch begründende Melancholie erweitert, indem auf die Enteignung der Gewerkschaften und die Abschaffung der Arbeitsrechte während der Franco-Diktatur verwiesen wird.

Dem folgt dann ein ironischer Ablauf von forcierten Verbindungen kultureller Bilder: ausgehend von der vielleicht berühmtesten altsteinzeitlichen Frauenstatuette – ein Gründungsmoment europäischen Kunstschaffens, der mit dem Bezug politischen Engagement des modernen Theaters weit ausgebreitet wird; bis über eines der großen klassischen Vorbilder der Dichtkunst, dessen sexuelle Anspielungen mit der derben Umgangssprache der Gegenwart in Verbindung gebracht werden. Dies ermöglicht sodann einen weiteren Sprung über den „aufgeklärten spott“ des ersten weltlichen europäischen Dichters des Mittelalters, Wilhelm von Aquitanien, der auch, neben höfischer und didaktischer Lyrik, sinnliche wie auch obszöne Lieder hinterließ. Sein berühmtester Vers, „farai un vers de dreit nien“ („Ich werde ein Lied über rein gar nichts machen“), erfuhr Interpretationen mit so unterschiedlichen Bedeutungen wie die der Parodie, Komik und des Nonsens, aber auch der existentiellen Unsicherheit oder des Nihilismus. Diese Bandbreite ist natürlich beabsichtigt, da sie auch darlegt, wie im Ursprung der Troubadorlyrik, die zugleich Ausgangspunkt der galicischen Literatur ist, bereits eine Dichtung von größter Komplexität vorlag.

Dieser spöttische, kunstfertige, aber auch derbe Wilhelm von Aquitanien wird nun anachronistisch „über“ („over“) das Werk eines der bedeutendsten galicischen Autoren des 20. Jahrhunderts, Ramón Otero Pedrayo (1888-1976), gelegt. Pedrayos umfangreiches Oeuvre und seine Rolle im galicischen Widerstand während der Francodiktatur, verschafften ihm das Ansehen eines Patriarchen der galicischen Literatur. Seine spätfeudalistischen, vom 19. Jahrhundert geprägten Vorstellungen sozialer Ordnung werden hier durch den Begriff der „señoritos“ (Jungherren) kritisch hinterfragt, wie auch seine letztlich bildungselitäre Literatur durch den Kontrast mit dem z.T. eher volksnahen Werk Wilhelm von Aquitaniens.

Die folgende Zusammensetzung eines “pondalianischen Vergils” spielt einerseits auf die nationalepischen Dichtungen beider Autoren an, will aber zugleich den unbekannteren galicischen Dichter des Rexurdimento, Eduardo Pondal (1835-1917), durch die Analogiebildung aufwerten. Diese hybride Symbolik wird zudem intertextuell durch den (auch onomatopoetisch zu verstehenden) Bezug auf die Aeneis (II.51) verstärkt, indem das Zitat „stetit illa tremens“ (blieb zitternd stecken) das Bild einer Lanze evoziert, die sich hier nicht wie bei Vergil in ein trojanisches Pferd bohrt, sondern als anschuldigende Frage in den ‚Körper‘ der galicischen Kultur der Nach-Franco-Zeit: „Die Kinder lachen, aber was tun die Eltern“? Dies kann durchaus auch retrospektiv, im Sinne von ‚was taten die Eltern zum Erhalt ihrer Sprache und Kultur‘ verstanden werden, als diese von einem trojanischen Pferd hegemonialer spanischer Kultur bedroht wurde (und noch immer wird). Diese spanische Hegemonialkultur stuft das Galicische letztlich auf den exotischen Status („hochgewachsene palmen“) einer vom Aussterben bedrohten Minderheitensprache herab (verglichen mit dem Inuit).

Die jüngeren Generationen erfahren bereits diesen Sprach- und Kulturwandel, so dass der Fortbestand einer galicischen Identität davon abhängen wird, wie ernst die Erziehung innerhalb der Familien (aber auch die Bildungspolitik der Gegenwart) dieses Thema angehen und Verantwortung übernehmen werden. Daher sollen auch die zahlreichen Zitate ein literarisches und Geschichtsbewusstsein hervorrufen, das als politisches Engagement sowohl allgemein als auch im intimen, kolloquialen Kontext wirken soll. Dies war bereits das Anliegen der Schriftstellergruppe Rompente (‚Wellenbrecher‘), der Reixa 1975-1983 angehörte.
Desweiteren wird auf eine berühmte Passage aus Rosalía de Castros (1837-1885) Follas Novas (‚Neue Blätter‘, 1863) angespielt: „Selbstjustiz üben“ („a xusticia pola man“). Dieser Titel eines revolutionären Gedichts der Begründerin der Renaissance galicischen Nationalbewusstseins (des Rexurdimento) im 19. Jahrhundert, ist eines der großen Leitmotive galicischer Literatur geworden, als metaphorischer Grundgedanke, das Schicksal galicischer Kultur nun endlich in die eigene Hand zu nehmen. Ein „unabhängiges Grönland“ ist daher eine sowohl ironisch („mit lauthalsem lachen“), als auch drastisch-desillusioniert („um einen reinzuwürgen“) zu verstehende Andeutung auf die Sehnsucht nach einem selbständigen Galicien.

Der Eskimo, als symbolischer Repräsentat einer Minderheitenkultur, wendet sich gegen Dwight Eisenhower, einen der populärsten amerikanischen Präsidenten des 20. Jahrhunderts, der es weder geschafft hatte, den kalten Krieg durch bilaterale Abkommen zu entschärfen, noch das Problem der seinerzeit fehlenden Gleichberechtigung der Afroamerikaner zu lösen. Ein Sinnbild für eben jene Großmachtpolitik, die stets die Anliegen minorisierter Gruppen vergisst. Die Gegenüberstellung von Maisspeichern und Tabantenstädten versinnbildlicht den historischen Stadt-Land-Gegensatz, der in Galicien meist auch den Gegensatz von Spanisch dominiertem Kulturbereich und Rückzugsgebiert galicischer Kultur bedeutet. Das trotzig eingeworfene „I gonna take my problem to the united nations“ stammt aus dem jugendlichrebellischen Song “Summertime Blues” der Neo-Rockabilly-Band Stray Cats, den man sich auch durchaus als Soundtrack der gesamtenbibliographie gegen tagorevorstellen kann.
Martín Codax (13. Jh.), der Name des Autors von sieben der frühesten Dichtungen galicisch-portugiesischer Troubadorlyrik des Mittelalters, wird mit dem des Comte de Lautréamont (1846-1870) verschränkt, einem der Vorläufer des Surrealismus und der écriture automatique. Letzterer überschritt verschiedenste Grenzen und seine subversive Dichtung kann hier durchaus als ein Reixa inspierendes Modell begriffen werden. Der Rückbezug auf einen der ältesten bekannten galicischen Troubadore, der v.a. die Liebessehnsucht besang, bildet wiederum das Spannungsfeld von Tradition und Moderne ab, die stets im Hintergrund der avantgardistischen Lyrik Reixas steht.

Die darauf folgende symbolische Gegenüberstellung der Bilder einer „Leukotomie“ und eines Liebesbegehrens im „Engels style“ spielt auf die widersprüchliche Situation postkolonialer galicischer Identität an, die sodann mit einem postmodern gewandelten historischen Kommunismus verglichen wird. Die „bibliographie“ bezieht somit politische Position und verschränkt erneut zwei große, weit entfernte, Figuren der Kulturgeschichte in einer Hinterfragung der Eigentums- und Arbeitsverhältnisse: Sappho und Rosa Luxemburg sind Modellbilder selbständigen Denkens und Kunstschaffens und werden hier auch zu Sinnbildern einer Freude, die aus dem Zitat eines weiteren galicischen Troubadours, Nuno Fernandes Tourneol, hervorgeht: „froh und heiter bin ich zur kalten Morgenstund‘“. Und in der folgenden „diesel-freude“ am täglichen Arbeitsrhythmus werden wieder weite Zeit- und Kulturräume umfasst, vom Mittelalter bis zu einer industrialisierten und medialen Gegenwart, in der sich Sprach- und Lebensstile, Alltagsprobleme und sexuelle Ironie chaotisch überlagern. Das Chaos der Gegenwart, dem die galicische Kultur (‚schutzlos‘) ausgesetzt ist, versinnbildlicht in der Anzüglichkeit des Anrufbeantworters eines erneut bemühten Gründungsvaters der Troubadourlyrik (und somit Vorläufers galicischer Literatur): “Aber ich werde euch von der Scheide sagen, welche Bewandtnis es mit ihr hat”.

Die umgangssprachlichen „interferenzen“, welche den Schluss bilden, beziehen sich einerseits wörtlich auf jene des Funks, wie auch auf die phonetische Wandlung der galicischen gheada, die das {g} beispielsweise in den Küstenregionen aspiriert (/’ħ/). Durch den Einfluss des Spanischen wandelt sich dieses Phänomen oft zu einem harten /x/. Die Interferenzen beziehen sich jedoch auch auf die unaufhaltsame Diversifizierung galicischer Kultur in einer postmodernen Welt mittels der für Galicien charakteristischen „retranca“, einer besonderen Form der Ironie, die Probleme immer komplementär und nie im Ausschlußverfahren angeht.

Der Adressat von “hanse cajar na cona que os botou”, eine volkstümlich-derbe, adversativ-interrogative Redensart, die annähernd sinngemäß „die werden sich verdammt wundern und ihre Mutter verfluchen“ bedeutet, ist unbestimmt. Der Einwurf könnte sich sowohl auf die Subversion überkommener kultureller Wertvorstellungen beziehen, als auch eine Kritik des übermäßigen Vertrauens in eine (technologische) Moderne und ihrer Folgen für die kulturelle Identität sein. Doch es wäre keine „retranca“, gäbe es nicht noch eine dritte mögliche Intention, eben die Möglichkeit, dass kulturelle Identität im Zeitalter der Postmoderne gerade aufgrund von „Interferenzen“ (linguistischen wie auch anderen) entsteht: Beispielsweise durch den „epischen spott“, eine Wiederaufnahme des anfänglichen Bildes der „traurigkeit als hyperbaton des spotts im allgemeinen“, der hier zum Ende hin schließlich auf den revolutionären Wandel etablierter Ordnung verweist und letztlich zum großen Leitmotiv in Ringo Rango wird.

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#InternationaleÜbersetzertag: Ein verbunde Europa mit galicischem Dichter @MiroVillar

QuelleAs crebas, der Blog von Miro Villar

 

 

Übersetzerin: Nora Moll | Aus Abecedario da desolación von Miro Villar  
(Preis Tívoli-Europa) 

 

Entre tanto, a tu custodia dejo mis últimos versos.
Aquí están.
Si los guardas,
si los conservas,
podremos comparar su amargura
con la sonrisa de los que escriba mañana cuando vuelva.

León FELIPE

 

ich gebrauche die von dir zerstreuten worte,

die ich sammle und im feilen der verse gewinne,

Worte in den pfützen des vergessens, die ich

mit dem harz der tränen lackiere, inmitten der liebe

qualmender asche, dir den atem raubt und nicht erlischt.

 

ich gebrauche die begrenzten versmaße, die ich

ausdrücklich mit deiner genauigkeit der umrisse

forme, neue bedeutungen  kehren in die schönheit der

äußerung zurück, ich schnitze am kernholz der eiche,

und der körper wird zur klangesbeschwörung.

 

ich gebrauche die stophen, die ich in verbrauchter luft

reinige und stelle mir reime und zarte metren vor,

um blütenzucker zu erhalten, der deinen augen

gleicht, ich zähle die silben nach und danke

für jeden akzent, nach dem sich ein dichter sehnt.

 

ich gebrauche gar unangemessene pausen,

in denen die eingebung vor den adjektiven zögert,

um zu lieben, des begehrten aromas entblößt

stell’ ich ein heft aus wohlgerüchen zusammen, aus

planzendüften, und nähere mich dem körper auf neue art.

 

ich gebrauche eine koda in der abschiedsstophe,

um im letzen vers diese schwache hoffnung

zu erhalten, diesen kampf mit der tiefsten bitterkeit,

mit dem schädlichsten wurm, ich gewinne mein lachen,

während ein splitter meines selbst als ein andrer entsteht.

 

II

Um dia
sem ouvir
a tua voz
é como descobrir
que o mar
morreu.

David MOURÃO-FERREIRA

 

ich gehe mit bloßer stimme durch sandige tage,

die durch die finger laufen, ich erfinde neu bei hörbarem

murmeln die liturgie der meere  aus speichel,

die über die haut gleiten, ich höre, wie der schwall

des neides steigt, der still jede por verwirrt,

 

ich beneide das endlose meer, das meine in die ebene

gezeichneten schritte flottmacht um dich küssen,

desselbe äußere meer, das die flechten in eine

andere hemisphäre  vertreibt, ich beneide das plankton,

sind wir doch langsam sterbende algen,

 

ich verliere salpeter in augen, die sich im endlosen

geschmack einer bitterkeit verliern, die so groß, so

                                                                           unendlich ist

wie jener horizont, der sich auf die lippen des meeres 

legt, ich sege kein Wort , ich hab’ keine worte,

von schiffbrücchen im Tagebuch  zu berichten,

 

ich danke für umarmungen und küsse der welle,

die unerwartet den novemberwind kreuzt,

die aber flau schmeckt, die zerstört und die nichts

als unwetter bringt, ich sehe von neuem

nach den wenigen fischen, die ein netz aus sehnsucht fängt,

 

ich geb’ unbefriedigt jedes wort dem wasser  zurück,

und wie ein seemann  erkenne ich warternd

eine freundschaft, ich sehe von neuem nach dem meer

in der höhe der gewaltigen flut, ich hör’ wie der schwall

des neides steigt, der still jede pore verwirrt.

 

III

Amori impossibili
come
sono effetivamente impossibili le colline.

Andrea ZANZOTTO

 

in den fahnen des abends explodiert die utopie,

in die augen schreit die liebe mit fäusten, wie

alkohol auf der wunde, entstellte gesichter

sind die heimat dieses schmerzes und im plural der stunden

vertreib’ ich das wüten der verzweiflung.

 

die unmöglichkeit zu lieben ist das einzige

ziel meiner worte, in den hymnen

beschwöre ich keine götter noch alte helden,

auf meinen lippen trage ich nur den namen der

sterblichen göttin, die mir jeden schritt der zeit entreißt.

 

mächtige metaphern verbergen die einfache

rede der blutung, doch zugleich verdickt ein

süßes trauriges blut die münder der unverstrandenen

dichtung, die ich in wolken für sie geschrieben,

mit dem stift meiner träume und dem bittren speichel.

 

ich hinterlasse eine leere im schrank der erinnerung,

hundert vertraute papiere verstreu’ ich

im tagebuch aus versen, un die frende mißtraum mir,

zu ehrlich mit den käuzen der presse,

zu falsch bei transparenten umarmungen.

 

nie hab’ ich freunde gewollt, meine liebe zu erklärn,

übergab die worte den vögeln, falls sie

auf möwen, tauben und stare hörte,

aber sie hat nie erfahrn, dass eben dieses herz

der schuldige der zugvögel war.

 

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Entre tanto, a tu custodia dejo mis últimos versos.
Aquí están.
Si los guardas,
si los conservas,
podremos comparar su amargura
con la sonrisa de los que escriba mañana cuando vuelva.

León FELIPE

aproveito as palabras por ti desperdiciadas
que recollo e restauro labrando cada verso,
palabras nos lagotos do olvido que vernizo
coa resina das bágoas, entre amor de rescaldos
que fumegan, que abafan e non dan extinguido.
aproveito as medidas limitadas dos versos
que recompoño adrede coa túa exactitude
de ámbitos, sensos novos retornan na beleza
do pronunciado, cerna de aciñeira traballo
e o corpo gaña a forma da evocación sonora.
aproveito as estrofas que nun aire viciado
purifico e intúo rimas e metros doces
para ter un azucre de flores semellante
aos teus ollos, reconto sílabas e agradezo
cada acento perfecto que quere un sonetista.
aproveito inclusive pausas inoportunas
onde o estro dubida na escolla do adxectivo
para amar, despoxado do apetecido aroma
colecciono un caderno de fragancias, odores
de prantas, e aproximo de xeito novo o corpo.
aproveito unha coda nunha estrofa de envío
para deixar no verso final esa esperanza
débil, ese combate co amargor máis profundo,
co verme máis nocivo. reparo o meu sorriso
namentres un fragmento de min nace diverso.

 

Um dia
sem ouvir
a tua voz
é como descobrir
que o mar
morreu.

David MOURÃO-FERREIRA

ando coa voz descalza nos días areeiros
que escorren polos dedos, reinvento no murmurio
que se escoita a liturxia de mares de saliva
que esvaran na pel, sinto como sobe a marea
do livor que conturba cada poro en silencio,
envexo o mar inmenso que desencalla os pasos
que escribín na planicie porque pode bicarte,
o mesmo mar de fóra que arreda os nosos liques
en distinto hemisferio, teño envexa do plancto
porque somos argazo que morre lentamente,
perdo salitre en ollos que se perden no inmenso
sabor dunha amargura tan grande e tan enorme
como aquel horizonte que se deita nos labios
do mar, non digo nada, non posúo palabras
para escribir relatos de náufrago no diario,
agradezo os abrazos e os beixos daquela onda
que cruza inesperada no vento de novembro
pero que sabe a pouco, que destrúe e que nada
máis que augación achega, miro de novo os peixes
escasos que unha rede de nostalxia enreda,
devolvo insatisfeito cada palabra na auga
e como o mariñeiro recoñezo na espera
unha amizade, miro de novo o mar na enchente
desta preamar, sinto como sobe a marea
do livor que conturba cada poro en silencio.

Amori impossibili
come
sono effetivamente impossibili le colline.

Andrea ZANZOTTO

nas bandeiras da tarde rebenta a utopía,
en ollos como puños o amor é como berro
de alcohol na ferida, desencaixados rostros
son patria desta dor e no plural das horas
exorcito a fereza da desesperación.
a imposibilidade de amar é o argumento
de todas as palabras que pronuncio, nos himnos
non invoco aos deuses nin a antigos heroes,
só teño nos meus labios o nome dunha deusa
mortal que me arrebata cada paso do tempo.
metáforas potentes encobren o sinxelo
discurso da hemorraxia mentres un sangue doce
e mesto engorda as bocas dos máis incomprendidos
poemas que nas nubes teño escrito para ela,
co lapis dos meus soños e o cuspe da amargura.
deixo atrás un vacío no caixón da memoria,
centos de documentos íntimos esparexo
no cartafol de versos e os amigos dubidan
de min pois fun sincero para os trasnos da imprenta
e hipócrita co aprezo de abrazos transparentes.
nunca quixen amigos para dicirlle amor
e dáballe as palabras aos paxaros, acaso
escoitase pardelas, rulas ou estorniños
pero ela nunca soubo que era este corazón
o culpable das aves de viaxe migratoria.

 

 

Eine Petroglyphe, die in Galicien liegt, atlantische Kultur und mediterrane Kultur vereint #GalicischeVorgeschichte

vía Capítulo 0 | Quelle: Popular Arqueology

A unique petroglyph discovered near the Atlantic coast of northern Spain (Galicia) has provided evidence that contacts between ancient Atlantic cultures and contemporaneous cultures of the Mediterranean were earlier and perhaps more intense than previously thought.

The rock art panel, located in the Costa dos Castros region and known as Auga dos Cebros, depicts a boat with a structure, including a combination of oars and sails, that match the general design and concept of seafaring vessels of Mediterranean cultures roughly 4,000 years ago. The typical Atlantic equivalent boats of the time were known to feature primarily oar-propelled boats without sails, with a different overall form.

When first encountered, the petroglyph piqued the interest of researcher Javier Costas Goberna, who first began searching for comparable evidence and renderings in the archaeological record throughout Europe. Coming up empty, he turned his attention to researching the Mediterranean regions. His search here proved fruitful, discovering evidence of very similarly designed vessels as evidenced by a variety of archaeological finds. In fact, fellow researcher María Ruiz-Gálvez Priego identified the Auga dos Cebros boat as being remarkably similar to Aegean model vessels of approximately 2000 B.C., particularly as they were depicted on ancient Cretan stamps. Like the Auga dos Cebros boat, those vessels featured outwardly-opened bows and sterns, masts and rigging that held sails as the primary means of propulsion, and lines that are interpreted to represent oars and/or oarsmen for secondary, additional propulsion.

Combined with the fact that the Auga dos Cebros petroglyph represents the only such depiction of this type of seafaring vessel in the Atlantic/European region characteristic to the Bronze Age time period, the researchers posit that the Auga dos Cebros boat likely traveled from a Mediterranean point of origin, suggesting contact or trade with Atlantic cultures as much as 4,000 years ago.

More about this important discovery, including images, can be found in the Dig Ventures article by Maiya Pina-Dacier.